A R B E I T S A N S A T Z
Wiederholung als Prinzip
Die Grundlage von John Schmitz‘ konzeptioneller Arbeit ist die Wiederholung
als Prinzip. Die blattfüllende Repetition eines einfachen Einzelelements zielt –
ähnlich verschiedener meditativer Praktiken – darauf ab, den urteilenden Ver-
stand zum Verstummen zu bringen, und einen Zustand innerer Stille, bloßen
Seins, herbeizuführen.
Ausgangspunkt dieses prozesshaften Ansatzes ist eine Feststellung, die sich
prominent unter anderem in philosophischen Strömungen wie dem Nihilismus,
Existenzialismus und der Philosophie des Absurden findet: Der Boden unse-
rer Überzeugungen, auf dem wir uns durchs Leben bewegen, ist letztendlich
wackliger Grund. Persönliche Urteile, Sinnzuschreibungen aber auch unser ge-
teiltes Wissen über die Welt haben keinen Objektivitätsanspruch. Sie hän-
gen maßgeblich vom Zeit- und Standpunkt der Urteilsbildung ab. Was heute
stimmt, kann morgen ganz anders sein oder auch „Sicher ist, dass nichts sicher
ist“, wie Ringelnatz schrieb – eine Erkenntnis, die wohl beinahe jeder von uns
von Zeit zu Zeit macht. Rückt diese Uneindeutigkeit in unser Bewusstsein, kann
sie uns ins Wanken bringen. Entscheidungen werden ein Ding der Unmöglich-
keit. Der Kopf lärmt.
John Schmitz‘ prozesshafte Arbeitsweise zielt darauf, ebendieses innere Span-
nungsfeld aufzulösen, indem sie den kritischen Verstand durch ritualartige Wie-
derholung zur Ruhe bringt, und so nach einem Zustand bloßen urteilsfreien
Seins strebt. Das für Schmitz‘ Arbeiten charakteristische repetierte Einzelele-
ment ist die Chiffre 8, die wiederholt wird, bis das Zeichenmittel leer geschrie-
ben ist. Anschließend wird die Feder wieder in die Tusche getaucht und der
Vorgang beginnt von Neuem. Durch ihren seismographischen Charakter, der
unweigerlich ein Sichtbarwerden von Zeit impliziert, sind Schmitz‘ Arbeiten
zudem Fragen der Zeitlichkeit, der Grundlage jeglicher Wahrnehmung und
damit allen Urteilens, inhärent.
Isabella Kilian
Philosophin M.A.